Der Eiswagen: Was für eine Geschichte!

Sie waren von den Straßen und Plätzen verschwunden und unsere Großeltern erinnerten sich mit einer gewissen Nostalgie an sie. Es waren ferne Erinnerungen an Ferien am Meer, es waren Bilder aus Filmen des Neorealismus. Glänzende Stahlkugeln, die das Eis verbargen und schützten, und ein Vordach zum Schutz vor der sommerlichen Hitze. Ja, die Rede ist von den fahrenden Eiswagen einer längst vergangenen Zeit. Und jetzt sind sie wieder da!

Zwei Jahre Pandemie, ein Aufeinanderfolgen von Lockdowns , die uns daran hinderten, unsere Eisdielen zu öffnen, Eis an den Tischen zu verkaufen. Lockdowns, die die Menschen in ihren Wohnungen einsperrten, wo doch alle ein gutes Eis genießen und soziale Kontakte knüpfen wollten, wenn auch in diskreter Form. Wenn also der Prophet nicht auf den Berg darf, wird der Berg zum Propheten kommen! Viele von uns zogen deshalb mit einem Eiswagen los, um auf dem Marktplatz, auf der Straße, in öffentlichen Parks und in den umliegenden Dörfern Eis zu verkaufen. Diese kleinen Wagen sind heute wunderschön, bunt, leuchtend, mit Elektromotoren, Vintageversionen, einige noch original von damals, als E-Bike. Es gibt auch kleine Lieferwagen, elegant und einladend, mit vielen Eissorten und manches Mal sogar mit einer Kaffeemaschine für einen köstlichen Cappuccino. So sind die kleinen Eiswagen also wieder auferstanden.

Aus Notwendigkeit, aus Tugend? Ja, die Pandemie hat den Handel zum Erliegen gebracht und für uns ist es unabdingbar geworden, unsere Eisdielen zu retten, wir müssen den Kontakt zu unseren Kunden aufrechterhalten, wir müssen dynamisch sein und andere Einnahmen erzielen. Warum also nicht die Erfahrungen der Vergangenheit nutzen. Denn wenn wir in der Vergangenheit stöbern, entdecken wir, dass der Eiswagen die erste Handelsform für dieses Produkt war. Die Geschichte sagt uns, dass die Geburt des Eiswagens in Italien auf die späten 1800er Jahre zurückgeht. Einige Familien aus der Umgebung von Belluno begannen damit, hölzerne Eiswagen von Hand zu schieben. In deren Innerem befand sich eine mit Zinn ausgekleidete Metallkammer, die mit Eis und Salzlake gefüllt war, in die die Eisbehälter eingetaucht wurden. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Eisverkäufer nicht nur an der Adria oder in Sizilien, sondern auch auf den Straßen der Städte in Europa und Amerika ein klassischer Anblick. Angesichts des Erfolgs begannen die Gelatieri mit der Zeit, ihre eigenen Geschäfte zu eröffnen und schickten ihre Gesellen mit den Wagen aus, um Eis zu verkaufen und neue Kunden zu gewinnen. In dieser Phase entsteht die Eisdiele an einem festen Ort und vor allem zwischen den beiden Weltkriegen erleben die Eisdielen insbesondere in Deutschland eine Blütezeit. Zuvor aber wurde das Eis an den Straßenständen gekauft. Die Händler riefen alle dasselbe; „Gelati, Gelati”. Manches Mal mit lauter Stimme schreiend, egal in welchem Land sie sich befanden und welche Sprache gesprochen wurde. Nur in England rief der Eisverkäufer auf der Straße „Hockey Pockey“, was im Englischen nichts bedeutet, aber jeder wusste, der Eisverkäufer ist hier. Vielleicht hat ein italienischer Gelatiere „Ecco un poco” falsch ausgesprochen, indem er dem Ganzen einen englischen Beiklang gab oder die Engländer, die nicht wussten, was „ecco un pocco“ („hier, ein wenig“) bedeutet, haben es auf ihre Weise „Hockey Pockey“ ausgesprochen.

Früher traten diese Händler in die Pedale und hatten eine Trompete oder eine Glocke dabei, die Gelatieri von heute brauchen sich nicht anzukündigen. Sie kommen lautlos mit ihren elektrisch betriebenen Wagen. Alle warten auf sie, die Kinder wissen, wo sie stehen und reihen sich in die Schlange ein. Heutzutage ist ein gutes Eis aus einem Wagen ein großartiger Moment und indirekt eine Hommage an unsere Geschichte.

Annalisa Carnio