Der Kugelpreis

Sobald die Eissaison in Deutschland startet, beginnt auch die ewige und wiederkehrende Frage zum angeblich schon wieder gestiegenen Eispreis. Kein anderes Lebensmittel in Deutschland muss jedes Jahr mit Beginn des Frühlings diese lästige Aufmerksamkeit seitens der Medien hinnehmen. Als gäbe es nichts Wichtigeres im Leben als das ewige (und inzwischen verbrauchte) angebliche Interesse für das Thema und damit wird gerne auf den italienischen Gelatieri herum getrampelt.

Warum diese Besessenheit? Ist Speiseeis nicht ein Lebensmittel wie so viele andere, und hängt nicht sein Endpreis von den Kosten für Zutaten, Miete, Personal, Energiekosten, Arbeitszeit, etc. ab? Wann wird das Thema – der Preis für eine Kugel – endlich für die Journalisten langweilig?

Der Preis für eine Kugel Eis ist keine willkürliche Entscheidung, die jeder Inhaber einer Eisdiele urplötzlich trifft. Er errechnet sich aus den Betriebskosten, die zu Beginn der Saison kalkuliert werden. Eine Kugel in einer Eisdiele mit großer Terrasse und viel Personal im Zentrum von München kostet sicherlich mehr als eine Kugel in einer Eisdiele auf dem Land. Außerdem beeinflussen Grundkosten wie Miete, Personal, Versicherungen und Strom sehr stark den Preis.
Es ist daher unvermeidlich und verständlich, dass die Betriebskosten, wie zum Beispiel die gestiegene Energiekosten und die Personalkosten zusammen mit den höheren Einkaufspreisen für Zutaten die Preiskalkulation für eine Kugel Eis beeinflussen. Hinzu kommen die Ausgaben für die guten Zutaten: je höher deren Qualität, desto besser schmeckt das Eis, es ist aber auch zwangsläufig teurer.
Nicht nachvollziehbar ist jedoch die Beharrlichkeit mit der die Medien dieses Thema in einem inquisitorischen Ton darstellen, mit dem Risiko, eine Berufsgruppe in Misskredit zu bringen. Hausgemachtes Speiseeis wird frisch aus natürlichen Zutaten hergestellt und ist das Ergebnis der Arbeit von Menschen, die ihre Tätigkeit und ihre Existenz mit Aufopferung und Professionalität verteidigen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der zu reduzierten Öffnungszeiten zwingt und die Einnahmen einschränkt.

Und was viele nicht wissen: Gelato errechnet sich nach Gewicht und nicht nach Liter, wie das beim luftigen Eis in der Kühltheke des Supermarktes (1 Lt. = 490 Gr.) der Fall ist.

Da die Verwendung von unverfälschten und landestypischen Zutaten und die Frische der Herstellung ein wichtiges Anliegen des Verbandes der italienischen Eishersteller in Deutschland ist, wird das italienische Gelato mit deutschen Zutaten wie z.B. Milch, Sahne, Joghurt und regionalen Früchte täglich frisch produziert. Die eiskalte, köstliche Erfrischung besteht bis zu 70 % aus Milch und zu 10 % aus Sahne!
Nicht zuletzt sind außerdem Kostenpunkte wie die Amortisierung der Investition für ein Eislabor, die Eintragung in die Handwerksammer, die Kooperation mit einem Hygieneinstitut für die Einhaltung des HACCP-Konzepts, die Beauftragung eines Steuerbüros, Aufwendungen für Werbung und Ausstattungstilgungen zu berücksichtigen.
Preis hin oder her, alle o.g. Betriebskosten müssen gedeckt werden, um weiterhin Gelato anzubieten und die Gelatieri müssen daher gezwungenermaßen nachziehen und können die bisherigen Preise nicht „einfrieren“ und beibehalten. Das bedeutet, dass der Preis für die erfrischenden Kugeln angepasst werden muss. Wer es nicht macht und die Kugel nicht teurer verkaufen wird, wird bald, sehr bald sein Eiscafé zumachen. Viele kleine Betriebe haben in den letzten Jahren immer den Preis niedrig gehalten mit dem bitteren Ergebnis, den Laden schließen zu müssen. Die Marge ist zu dünn und reicht am Ende der Saison noch nicht einmal aus, die Kosten zu decken. In Deutschland bezahlt man für eine Kugel Eis weniger als woanders in Europa. Hier gilt immer noch das beste Preis-Leistungsverhältnis, aber keiner scheint dies zu wissen, geschweige denn zu schätzen. Der Preis für eine Kugel Eis in Spanien, Italien oder Frankreich liegt zwischen 3.00 Euro und 4,50 Euro und keiner dort im Urlaub beschwert sich. Inzwischen wird in Spanien zum Beispiel zum Thema der viel zu niedrigen Preise für handwerkliches Eis in Deutschland von „Verdrängungsmarkt“ gesprochen.

Wenn wir jetzt und in Zukunft ein handwerklich und täglich frisch hergestelltes Qualitätseis essen wollen, wenn wir die Leistung hinter diesem Produkt anerkennen wollen, müssen wir der Realität des Marktes ins Auge blicken und dafür einen angemessenen Preis bezahlen. Ansonsten bleibt nur „Addio Gelato“ und nicht mal „Arrivederci“.

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