Liebe Kollegen, die neue Saison steht vor der Tür.
Wie jedes Jahr werden wir uns mit den üblichen Themen auseinandersetzen müssen – Ihr im Eiscafé und ich in der Pressestelle.
Viele von Euch sind schon im Eislabor, um das Rezept für die Eissorte des Jahres – Schokoladensorbet oder auch Zartbitterschokolade ohne Laktose – zu perfektionieren. Ich gehe davon aus, dass Ihr alle diese Sorte anbietet, sobald die ersten Frühlingstage anbrechen und ich damit beginne, dafür zu werben.
Eine Pressemitteilung ist schon an die Medien gegangen.
Aber über die Eissorte des Jahres hinaus stehen auch andere Themen auf dem Programm, die wir schon alle kennen und die erneut behandelt werden müssen.
Zuerst unser Dauerbrenner: der Eiskugelpreis. Dieses Thema wird seid einigen Jahren in der Kommunikation mit Engelsgeduld von mir bearbeitet. Dabei ist es mein Anliegen zu vermitteln, dass der Preis auf der Grundlage der Betriebskosten und unter Berücksichtigung dessen, dass der Kunde Qualität und Frische von einem handwerklich arbeitenden Eiscafé verlangt, “angepasst” werden muss (das Wort Preiserhöhung wird in diesem Zusammenhang nie erwähnt!).
Es ist von grundlegender Wichtigkeit, unserem Eis den richtigen Wert beizumessen. Und die Definition von “richtig” ist das Ergebnis einer sorgfältigen Berechnung der Kosten, die die Ausgaben für die Herstellung plus eine nicht zu knapp bemessene Gewinnspanne für die von Euch geleistete Arbeit und erbrachten Opfer umfassen müssen.
Jeder ist fähig, das eigene Eis unter Preis zu verkaufen und zu hoffen, den Verlust an schönen Sonnentagen wieder auszugleichen. Aber diese Politik hat einige in den Ruin getrieben und andere wissen am Saisonende nicht, wie sie alle Kosten decken sollen.
Ich möchte Euch daher bitten, den Preis objektiv zu beurteilen, ohne sich dabei von unlauteren Wettbewerbern beeinflussen zu lassen, die Eis von schlechtester Qualität zu Niedrigstpreisen verkaufen, und vor allem ohne sich von den wenigen Kunden beeinflussen zu lassen, die sich immer und über alles beschweren.
Schenkt diesen Nörgelkunden ab und zu eine Gratis-Eiskugel und versüßt ihnen damit den Tag. Aber verkauft Euer Eis zu einem Preis, der höher als der von ihnen verlangt ist.
Im Zusammenhang damit steht ein weiteres Thema, nämlich das der Betriebskosten, bei denen ich vor allem die Personalkosten sehe. Ich weiß, wie diese Ausgabe in einer Kostenbilanz zu Buche schlagen kann, aber ich weiß auch, dass es heute in Deutschland gefährlicher als je zuvor ist, Personal im Betrieb zu beschäftigen, das offiziell nicht existiert. Ich möchte Euch daran erinnern, dass ich mit der Presse über die Mitglieder von Uniteis spreche und Euch als kompetente Unternehmer präsentiere, die Wert darauf legen, gut ausgebildetes Personal einzustellen, das vorschriftsmäßig nach zwischen Verband und Gewerkschaft abgeschlossenem Tarifvertrag bezahlt wird.
Es folgt nun das Standardthema von Anfang August und somit mitten in der Saison, das den Journalisten fast so gut wie das Preisthema gefällt. Es handelt sich um die Hygiene im Eiscafé. Im Sommer stehen die Eiscafés immer auf der Liste für durchzuführende Kontrollen, denn die Hygienekontrolleure wissen, dass im Sommer viel gearbeitet wird, und Ihr gezwungenermaßen einige tägliche Verrichtungen vernachlässigt, wie z.B. die Selbstkontrolle bei der Produktion im Eislabor oder die abendliche Reinigung der Sahneautomaten im Geschäft. Insbesondere hier sind die Hygienedaten im Eiscafé verheerend. Ich möchte Euch daher bitten, darüber nachzudenken und das HACCP-Konzept einzuhalten.
Abschließend möchte ich über ein Thema sprechen, das vielleicht noch unangenehmer ist, an das aber angesichts der brennenden Aktualität erinnert werden sollte. Gemeint sind die besorgniserregenden Daten im Hinblick auf Steuerprüfungen in Eiscafés.
Diese scheinen zu einem Problem der Berufsgruppe zu werden, denn die aktuellen Statistiken der Finanzämter zeigen, dass in ca. 20% der Eiscafés systematisch Steuern hinterzogen werden. In Deutschland wird in kleinen und mittelständischen Betrieben – bei allen Berufsgruppen! – gegen die Schwarzarbeit gekämpft, und es ist kein Zufall, dass für die Zukunft geplant wird, neue Kassen vorzuschreiben, die vom Finanzamt genehmigt sind. Auch Speiseeishersteller werden von dieser Pflicht und ebensowenig von den Kontrollen nicht verschont.
Es nützt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Werden bei einer Kontrolle schwarz erzielte Umsätze entdeckt, gibt es kein Pardon, und die Angelegenheit wird so kostspielig, dass die Existenz auf dem Spiel steht. Nicht zuletzt reichen wenige “schwarze Schafe” hier und da aus, um das Image einer ganzen Berufsgruppe zum Schaden der seriös arbeitenden Kollegen zu beschädigen. Uniteis setzt sich für Gegenmaßnahmen ein und versucht, die eigenen Mitglieder über dieses Thema zu informieren.
Schon anlässlich der letzten MIG wurde ein Seminar mit Beiträgen von Steuerexperten aus Deutschland für Mitglieder angeboten. Es ist dringend notwendig, die Bücher sorgfältig zu führen, sich von einem kompetenten Steuerberater betreuen zu lassen und Ahnung von der eigenen Unternehmensleitung zu haben.
Und an dieser Stelle kommen wir wieder auf das oben stehende Thema des Eiskugelpreises zurück. Es ist unmöglich, das eigene Eis für kleines Geld zu verkaufen und zu denken, einen offiziellen Gewinn, der fast gleich null ist, mit schwarz erwirtschafteten Einkünften auszugleichen. Das Kontrollrisiko ist zu hoch und steht in keinem Verhältnis.
Dr. Annalisa Carnio