Der verrückte Frühling ist früh gestartet und dann stockend und mit großen Temperaturunterschieden weitergegangen. Schon ab März gab es schöne, warme Sonnentage, auf die kalte und regnerische Tage folgten. Ostern ging das Thermometer sogar bis auf 25 Grad hoch und hat den Speiseeisherstellern in fast ganz Deutschland viel Arbeit während der Feiertage beschert. Dann gingen die Temperaturen schnell herunter und die Kunden hatten mit Erkältungen zu kämpfen. Eine erste Bilanz der Presseschau hat ergeben, dass die Eissorte des Jahres “Erdbeere mit Balsamico” große Aufmerksamkeit erregt hat und in vielen Artikeln Beachtung fand. Die Zeitungen haben über diese Eissorte und den Trend geschrieben, Eissorten mit salzigen oder ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen zu entwickeln, die aber gleichzeitig fein und elegant sind. Leider haben viele Mitglieder große Schwierigkeiten, die Eissorte des Jahres anzubieten. Deshalb ist es vorgekommen, dass die Presse darüber schreibt, die Leser und Kunden sie aber vergeblich in den Eiscafés suchen. Dieser Umstand bremst die Marketingkampagne, auf die sich die Initiative stützt und die auf der Imageebene unsere Mitglieder z.B. von unlauteren Wettbewerbern abheben könnte. Die Eissorte des Jahres wird leider nicht als Initiative zur Teambildung und Unterscheidungsmerkmal wahrgenommen. Viele Mitglieder sehen in der Eissorte des Jahres fast eine Pflicht, anstatt die positive Wirkung anzuerkennen, die sie auf das Image des eigenen Eiscafés hat. Zum Glück hat eine Minderheit der Speiseeishersteller diese Botschaft verstanden und berichtet mir über positive Kommentare der Kunden, die sich freuen, etwas Neues in ihrem Eiscafé zu probieren, und sich bestätigt fühlen, ein seriöses Eiscafé gewählt zu haben, das Mitglied im Branchenverband ist.
Ein anderes Thema von Interesse sind die klassischen Eissorten, die in neuer Form vorgestellt werden, was sich indirekt wieder als Verbindung zur Eissorte des Jahres herausstellt, die nichts anderes ist als eine klassische Eissorte par excellence bereichert von einer neuen Note. Das Thema Trends und neu aufgelegte Eissorten richtet seit einigen Jahres das Augenmerk auf die Vorlieben der Deutschen. Schon im März, wenn die Saison gerade erst begonnen hat, wollen die Journalisten die neuen Trends und Moden beim Speiseeis kennenlernen, fast so, als ob sie das Angebot der ganzen kommenden Saison festlegen wollten, sobald sich der erste Sonnenstrahl ankündigt. Wenig Interesse hat trotz der Pressemitteilung der Europäische Tag des Speiseeises am 24. März geweckt, da es fast keine Initiativen seitens der Eiscafés gab, um das Publikum anzuziehen und an diesen Tag und die Wichtigkeit des handwerklich hergestellten Speiseeises zu erinnern. In der Regel schreibt die Presse und vor allem die Lokalpresse gern über Initiativen im Zusammenhang mit dem Europäischen Tag, wenn die Eiscafés z.B. eine Gratiskugel für alle Kinder anbieten oder die Europäische Eissorte vorstellen. Aber die Eiscafés müssen Angebote machen, um darüber schreiben zu können. Auch hier scheint es, dass viele Mitglieder es nicht für angebracht halten, aktiv zu werden, um das Interesse der eigenen Kunden für das Handwerk und für diese Anerkennung des guten italienischen Speiseeises auf europäischer Ebene zu wecken.
Über das Interesse für Eissorten und Trends hinaus hat das klassische Thema des Eiskugelpreise in den Medien zum Saisonbeginn große Beachtung gefunden und ist weiterhin interessant. Die Frage ist bei jedem Interview unvermeidbar und ich antworte darauf mit langen, an den Journalisten auf der anderen Seite der Telefonleitung gerichteten pädagogisch-erzieherischen Ausführungen darüber, das der Preis einer Eiskugel einfach das Ergebnis einer unternehmerischen Berechnung der Kosten, ist und wie diese Berechnung sich je nach den Variablen verändert: der Ort, in dem das Eiscafé liegt, die Größe des Eiscafés, Eiscafé nur zum Mitnehmen oder mit viel Servicepersonal, die Kosten für Versicherungen, Handelskammereintragung, Strom, die Auswahl der Zutaten usw. Und dann erinnere ich alle daran, da es niemand weiß, dass der Preis des handwerklich hergestellten Speiseeises nach Gewicht und nicht in Litern wie in der Industrie berechnet wird. Das Speiseeis ist kein Produkt und kann kein Produkt sein, das anachronistisch in eine Seifenblase eingeschlossen wird auf dem Preisniveau wie vor vierzig Jahren und gefangen ist in den Kindheitserinnerungen verquerer Journalisten. Und doch gibt es in Deutschland eine Kultur, die den Preis einiger Lebensmittel unabhängig von den Unternehmenskosten willkürlich regelt und unter dem Etikett “Billigkultur” bekannt ist. Und das handwerklich hergestellte Speiseeis der Italiener wurde seit jeher unter dem Etikett “billig” eingeordnet, ein Produkt mit niedrigem Preis und automatisch von niedriger Qualität. Sollte es irgendein Speiseeishersteller insbesondere in den kleinen Städten wagen, den Preis ein wenig an die aktuellen Kosten anzupassen, dann wird er schief angesehen und in einigen Fällen als Dieb bezeichnet. Es ist so traurig festzustellen, dass die jahrelange Anpassung an diese aufgezwängte “Billigkultur” aus Angst heraus, den Kunden zu irritieren und die aufgebrachte Presse gegen sich zu haben, Jahr für Jahr stillschweigend bestätigt hat, dass das Speiseeis der Italiener ein tiefpreisiges Produkt ist. Es ist normal, dass ein industriell hergestelltes Speiseeis, das in einem Standardkühlschrank aufbewahrt und überall verkauft wird, teurer ist und niemand etwas dagegen zu sagen hat, während das täglich frisch erzeugte Speiseeis, das in einem gepflegten Ambiente und mit Service verkauft wird, unbedingt wenig kosten muss. Diese Situation wird langsam zu einem tragischen Dilemma mit dem Risiko, das Image des Produkts und der ganzen Berufsgruppe zu schädigen. Das handwerklich hergestellte Qualitätsspeiseeis kann kein billiges Produkt sein, sondern muss ein frisches Produkt sein, das zu einem reellen Preis verkauft wird! Darüber müssen wir alle nachdenken und daran arbeiten, um alle zusammen eine Umkehrung der Wahrnehmung einzuleiten.
Annalisa Carnio